Motion: Kinder und Jugendliche gehören nicht ins Gefängnis!

Der Kanton Bern hat Kinder und Jugendliche in Haft genommen. Dies zeigt der Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates vom 26. Juni 2018 zur Administrativhaft im Asylbereich auf. Der Regierungsrat soll das Kindswohl ab sofort stärker gewichten und auf die Administrativhaft von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien im Asylverfahren verzichten. Denn das Recht auf Freiheit des Kindes schliesst auch seine Eltern mit ein, damit die Einheit der Familie gewahrt werden kann. Zudem soll das Kindswohl im gesamten Prozess der Wegweisung (Ausschaffung) von minderjährigen Personen und ihren Familien im Zentrum stehen. Dies fordere ich in einer Motion:

Weinende Kinder in Käfigen, die von ihren Eltern getrennt wurden: Diese Bilder aus den USA haben die Welt im Juni 2018 erschüttert. Der Aufschrei war zurecht so gross, dass Donald Trump seine Politik geändert hat. Nun sperrt er die Kinder zusammen mit den Eltern ins Gefängnis. Es ist richtig und wichtig, sich über solche Zustände weiterhin lautstark zu empören. Zugleich sollten wir uns auch die Frage stellen: Wie sieht die Situation in der Schweiz aus?

Das Gesetz ist klar: Kinder dürfen natürlich nicht in Haft genommen werden

In der Schweiz dürfen Minderjährige laut geltendem Ausländergesetz (AuG) des Bundes, Artikel 80 Absatz 4, ab 15 Jahren in spezifischen Fällen in Administrativhaft genommen werden. Dabei stellt die  Administrativhaft einen Sammelbegriff für verschiedene Haftformen dar (die Vorbereitungshaft nach Artikel 75 Ausländergesetz, die Ausschaffungshaft nach Artikel 76 AuG, die Ausschaffungshaft wegen fehlender Mitwirkung bei der Beschaffung der Reisedokumente nach Artikel 77 AuG, die Durchsetzungshaft nach Artikel 78 AuG oder die Haft im Dublin-Verfahren nach Artikel 76a AuG). Die Anordnung einer Administrativhaft von Kindern, die das 15. Altersjahr noch nicht zurückgelegt haben, ist dagegen laut AuG ausgeschlossen. 

Der Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates vom 26. Juni 2018 zur Administrativhaft im Asylbereich zeigt auf, dass nicht alle Kantone diese gesetzlichen Grundlagen respektieren, so auch der Kanton Bern nicht. Hier ist die Haftquote von Kindern und Jugendlichen gemessen an anderen Kantonen besonders hoch (14% bei unbegleiteten, 12 % bei begleiteten Minderjährigen). Das Amt für Migration und Personenstand (MIP) hat daraufhin die Zahlen für den Kanton Bern zu relativieren versucht, konnte sie aber nicht entkräften: Auch im Kanton Bern wurden Kinder und Jugendliche inhaftiert. 

Kindswohl muss oberste Priorität haben!

Kinder und Jugendliche gehören nicht ins Gefängnis. Das Kindswohl muss oberste Priorität haben, gerade in so unvorstellbar belastenden Situationen wie einer Wegweisung. Kinder sollen aber auch nicht von ihren Eltern getrennt werden. Daher ist klar: Weder die Kinder und Jugendlichen noch ihre Eltern dürfen in Administrativhaft genommen werden. Es braucht in Fällen von Wegweisungen Lösungen, die dem Kindswohl oberste Priorität einräumen. 

Aus der Stellungnahme des MIP geht zudem hervor, dass eine beträchtliche Anzahl Kinder und ihre Familien im Fall einer Ausschaffung direkt von Zuhause abgeholt und an den Flughafen gebracht werden. Auch bei diesen Situationen müssen wir genau hinsehen. Kinder ohne Ankündigung abrupt aus ihrem Alltag zu reissen, kann sehr traumatische Folgen haben. Auch hier muss das Kindswohl oberste Priorität geniessen.

Wie kann bei einer Ausschaffung das Kindswohl gewahrt werden?

In der Motion, welche ich für die SP-JUSO-PSA Fraktion eingereicht habe, fordere ich den Regierungsrat auf, das Kindswohl ab sofort stärker zu gewichten und auf die Administrativhaft von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien im Asylverfahren zu verzichten. Zudem soll der Regierungsrat aufzeigen, wie er dem Kindswohl im gesamten Prozess der Wegweisung von minderjährigen Personen und ihren Familien Rechnung trägt.

Sobald ich eine Antwort des Regierungsrats bekomme, hört ihr an dieser Stelle von mir. Unterdessen gibt es alle Unterlagen zum Vorstoss hier. Zudem habe ich noch einen weiteren Vorstoss zu den Grundrechten im Asylverfahren eingereicht: 


Berichterstattung zum Thema

WOZ, 31.01.2019: «Kinder und Jugendliche gehören nicht ins Gefängnis»

«Kinder und Jugendliche gehören nicht ins Gefängnis. Das Kindeswohl muss oberste Priorität haben, erst recht in so unvorstellbar belastenden Situationen wie einer Wegweisung», kommentierte Tanja Bauer, SP-Grossrätin im Kanton Bern. Mit einer Motion forderte sie den Berner Regierungsrat auf, «das Kindeswohl ab sofort stärker zu gewichten und die gesetzlichen Grundlagen einzuhalten». Die Berner Regierung solle auf die Administrativhaft von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien im Asylverfahren verzichten. Zudem solle der Regierungsrat erklären, wie er dem Kindeswohl im gesamten Prozess der Wegweisung von minderjährigen Personen und ihren Familien Rechnung trage. Bauer geht davon aus, dass ihre Motion in der Märzsession beantwortet wird.


Weitere Vorstösse zum Thema

Keine Verletzung der Grundrechte – Verfassungswidrige Verknüpfung der Asylsozialhilfe mit der Aufenthaltsdauer in Unterkünften. Laut Zeitungsberichten gelten seit dem 1. Oktober 2018 aufgrund einer Weisungspräzisierung des Migrationsdienstes (Midi) für Asylbewerberinnen und Asylbewerber im Kanton Bern verschäfte Bedingungen, um Asylsozialhilfe zu erhalten. Diese Praxisänderung ist gesetzeswidrig, menschenverachtend und unverhältnismässig. Sie ist nicht mit den Grundrechten zu vereinbaren und muss deshalb sofort rückgängig gemacht werden.

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