Für ein menschliches Asylwesen

Die Schweiz ist Abschiebe-Europameisterin! Die Schweiz ist das Land in Europa, das Menschen am effizientesten abschiebt und wegweist. Hinter dem Bild einer effizienten Schweizer Abschiebungsmaschinerie verbirgt sich ein unmenschliches Geschäft: Es geht um zerstörte Leben, verlorene Hoffnung, um Ängste, Verzweiflung und Not. Und das in einem wohlhabenden Land wie der Schweiz. Auch der Kanton Bern setzt auf eine Vollzugspraxis, die auf Abschreckung und Repression zielt. Die Haltung zieht sich wie ein roter Faden durch das kantonale Einführungsgesetz zum Ausländer-, Integrations- und Asylgesetz, welches im Grossen Rat beraten wurde.

Mehr Menschlichkeit

Mama, was ist Krieg? Das fragen mich meine Kinder am Mittagstisch. Und ich weiss nicht genau, was ich einem 4, 7 und 8jährigen Kind darauf antworten soll. Ich weiss nicht, wie es ist, von Krieg, Terror und Hunger bedroht zu sein. Für mich ist es nur Theorie. Für viele Menschen auf der Welt ist es aber bitterer Ernst. Nie in der Geschichte waren mehr Menschen auf der Flucht vor Krieg, Gewalt und Verfolgung als heute. 

Zugleich macht Europa seine Grenzen dicht. Die Flucht wird immer gefährlicher und entlang der Fluchtrouten kommt es zu humanitären Katastrophen. Tausende Frauen, Männer und Kinder ertrinken jährlich im Mittelmeer.

Die Schweiz ist aber nicht untätig geblieben. Bei uns wurde reagiert – nicht direkt auf die humanitäre Krise. Sondern in zynischer Weise, indem in der Schweiz die Gesetze verschärft wurde. Zum Beispiel wurde das Botschaftsasyl abgeschafft. Es wird immer schwerer, überhaupt einen positiven Asylentscheid zu erhalten. Der Familiennachzug wird erschwert. Das Dublinsystem konsequent genutzt, obwohl die Situation insbesondere in Griecheland und Italien elend ist. 

Ja, die Schweiz hat bereits heute auf nationaler Ebene eines der härtesten Asylgesetze überhaupt. Es scheint, als wäre die humanitäre Tradition in Vergessenheit geraten, oder als habe es sie nie gegeben. Abschreckung und konsequentes Abschieben stehen heute im Vordergrund. Denn Elend, Leid, Krieg und Verfolgung sollen uns hier nicht in unserem wohlbehüteten Alltag stören.

Diese harte Haltung zieht sich auch wie ein roter Faden durch das kantonale Einführungsgesetz zum Ausländer-, Integrations- und Asylgesetz, welches wir heute beraten. Der Kanton setzt auf eine Vollzugspraxis, die auf Abschreckung und Repression zielt.

Dabei wäre es heute nötiger denn je, sich für ein menschliches Asylwesen einzusetzen. Klar – wir bewegen uns im Rahmen, den der Bund vorgibt. Und der ist repressiv. Und troztdem könnten wir in bescheidenem Mass mehr tun. Beispielsweise, indem wir zumindest den Schutz von besonders verletzlichen Personen ernst nehmen. Zum Beispiel, indem wir die Kinderrechtskonvention konsequent umsetzen. Sie schützt Kinder auf der ganzen Welt, unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus. Zum Beispiel, indem wir auf Adminstrativhaft verzichten oder sie wenigstens stark einschränken. Dies alles wird im vorliegenden Gesetz ungenügend gemacht. 

Heute findet eine Verelendung statt, in unserem Kanton, in unserem Land, vor unseren Augen. Es betrifft Menschen, die in der Nothilfe leben, weil sie einen negativen Asylentscheid erhalten haben. Die Verelendung kommt schnell, weil kaum jemand von 8 Franken pro Tag leben kann. Denn mehr gibt es für Menschen in der Nothilfe nicht. Und die Hürden, um diese mickrige Nothilfe überhaupt zu erhalten, werden immer höher. 

Oft höre ich das Argument, dass die harte Gangart nötig ist, weil es Leute gebe, die das System ausnutzen. Wer aber den Einzelfall nutzt, um eine harte Gangart gegenüber allen Betroffenen zu legitimieren, bestraft immer die Falschen. Und der Grat zwischen konsequenter Abschiebung und menschenunwürdigem Handeln ist sehr schmal. 

Zum Recht, ein Asylgesuch zu stellen, gehört auch die Möglichkeit, dass dieses Gesuch abgelehnt wird. Darum sind Betroffene nicht schuldig oder gar kriminell, sobald sie diesen Entscheid erhalten. Grund-, Menschen- und Kinderrechte gelten auch für sie. Das ist die Richtschnur, an die wir uns halten müssen. Und auch Verfahrensrechte dürfen in einem Rechtsstaat nicht beliebieg eingeschränkt und verwässert werden.

Das vorliegende Gesetz nutzt den Spielraum zugunsten der Menschen eindeutig nicht aus. Die SP-JUSO-PSA Fraktion wird sich für mehr Menschlichkeit im vorliegenden Gesetz einsetzen. Meine Fraktion wird Anträgen, die die Situation der Menschen verbessern, zustimmen. Und wir werden das Gesetz ablehnen, sofern es keine nennenswerten Verbeserung für die Betroffenen gibt.

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